Wortgeschichte
Crème de la Crème als Steigerungsform
Neben das seit ca. 1830 bezeugte CrèmeWGd Elite
tritt in den 1840er Jahren die Verbindung Crème de la Crème, die ebenfalls für die Elite, die Oberschicht einer Gesellschaft steht (zuerst 1841, vgl. 1879). Die Doppelform (wörtlich Sahne von der Sahne
) bringt dabei eine Steigerung zum Ausdruck: Es handelt sich dann gewissermaßen um die Elite der Elite, die Besten der Besten. Crème de la Crème bezieht sich zwar auf die gesellschaftliche Oberschicht, rückt dabei aber, ähnlich wie das einfache CrèmeWGd, deren Eleganz, Reichtum und glamourösen Lebensstil in den Vordergrund (1958a, 1973, 1976). Insgesamt bleibt die Verbindung bis Ende ca. 1990 selten.
Bedeutungserweiterung: Das Beste von etwas
Die Verbindung hat insofern eine Bedeutungserweiterung erfahren, als sie nicht nur Hierarchieverhältnisse in der Gesamtgesellschaft bezeichnet, sondern auch auf einzelne Teilbereiche des gesellschaftlichen Lebens (vor allem auf Kunst und Sport) angewandt werden kann. So ist auch von der Crème de la Crème der Musikszene (1995), der Crème de la Crème des Welt-Eishockeys oder des deutschen Fußballs die Rede (1997, 2021). Gelegentlich kann auch Unbelebtes in dieser Weise bezeichnet werden; so kann von einer Auswahl künstlerisch wertvoller Bilder (bereits 1958b) die Rede sein oder auch vom Spargel als der Creme de la Creme der Speisekarte (1996).
Eine Scheinentlehnung?
Bei Crème de la Crème handelt es sich auf den ersten Blick um eine Übernahme aus dem Französischen. Bemerkenswert ist allerdings, dass das Französische offenbar keine gleichlautende Fügung kennt (vgl. den Eintrag des TLFi unter crème). Die Verbindung crème de la crèmefrz. ist dort zwar durchaus bildbar und entspricht einem geläufigen grammatischen Muster, das sich etwa in Konstruktionen wie le pire du pirefrz. das Schlimmste vom Schlimmsten
oder le top du topfrz. das Beste vom Besten
zeigt. Gleichwohl ist die Fügung alles andere als fest. Bei der im Deutschen vergleichsweise stark verbreiteten Verbindung handelt es sich somit in gewisser Weise um eine Scheinentlehnung: Sie sieht sehr französisch aus, ist aber im Französischen selbst nicht als Mehrwortausdruck etabliert.
Für das Englische kann die pseudofranzösische Konstruktion übrigens ebenfalls belegt werden (s. 3OED unter crème, n.); sie ist im Englischen des 19. Jahrhunderts wohl auch deutlich häufiger belegt als im Deutschen. Der im 3OED gebotene Erstbeleg, der auf 1841 datiert wird, nimmt Bezug auf österreichische Verhältnisse. Zusammen mit der früheren Bezeugung der Verbindung im Deutschen ab 1841 könnte man daraus die Hypothese ableiten, dass es sich hier um eine vom Deutschen als Gebersprache ausgehende Entlehnung ins Englische handelt. Da es im Englischen indes offenbar wesentlich breiter bezeugt ist, kann aber auch eine umgekehrte Entlehnungsrichtung nicht ausgeschlossen werden. In einem solchen Fall wäre die so französisch anmutende Wendung letztlich ein Anglizismus.
Literatur
3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)
TLFi Trésor de la language française informatisé (Trésor de la language française, sous la direction de Paul Imbs/Bernard Quemada. Bd. 1–16. Paris 1972–1994). (atilf.fr)
Weitere wortgeschichtliche Literatur zu Crème de la Crème.