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aufsässig Aufsässigkeit · renitent · Renitenz

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Aufsässig ist eine Umbildung des älteren Adjektivs aufsätzig, das bis ins frühe 19. Jahrhundert die vorherrschende Wortform ist. Ähnlich verhält es sich mit der vom Adjektiv abgeleiteten Bildung Aufsässigkeit, die im älteren Sprachgebrauch in der Form Aufsätzigkeit auftritt. Das Bedeutungsspektrum von aufsässig umfasst zunächst die Bedeutungen aufständisch, widerständig und feindselig gesinnt, ablehnend, wobei letztere Lesart seit dem beginnenden 20. Jahrhundert ungebräuchlich ist. Neben der Verwendung in politischen Zusammenhängen hat sich seit dem 19. Jahrhundert durch metonymische Verschiebung die Bedeutung trotzig, widerspenstig herausgebildet, die vor allem in alltäglichen und familiären Kontexten gebräuchlich ist. Das im 17. Jahrhundert ins Deutsche entlehnte Adjektiv renitent wird – mit einer etwas unterschiedlich konnotativen Färbung – synonym zu aufsässig verwendet.

Wortgeschichte

Herkunft und Bezeugung von aufsätzig und aufsässig

Das heute gebräuchliche Adjektiv aufsässig lässt sich auf die ältere Wortform aufsätzig zurückführen, die seit dem Mittelhochdeutschen bezeugt ist (vgl. Lexer unter ûfsetzic). Aufsätzig leitet sich vom Substantiv Aufsatz (mhd. ûfsaz, frnhd. aufsaz) ab, das im älteren Sprachgebrauch feindliche Gesinnung, Handlung sowie Auflehnung, Aufstand bedeuten kann (vgl. 2DWB 3, 685; vgl. auch aufsetzen 2DWB 3, 735). Die Form mit der Affrikata -tz- ist bis zum Ende des 18. Jahrhunderts vorherrschend.

Die Form aufsässig mit dem Frikativ -ss- wird als Umbildung der älteren Wortform in Analogie zu Adjektiven wie widersässig und ansässig beschrieben (vgl. 2DWB 3, 684; s. aber auch die Überlegungen zu einer alten Form -säße in 25Kluge, 73). Aufsässig begegnet zwar vereinzelt bereits im 16. Jahrhundert (1561), bleibt jedoch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts selten. Auch wenn sich Lexikographen wie Johann Christoph Adelung und Joachim Heinrich Campe gegen die Verwendung der jüngeren Wortform aussprechen (2Adelung 1, 523; Campe Wörterbuch 1, 252), geht aufsässig in den allgemeinen Sprachgebrauch ein. Zeitgleich ist ein Rückgang der älteren Wortform zu beobachten, und – abgesehen von einigen literarischen und regionalen Ausnahmen – ist im 20. Jahrhundert nur noch aufsässig üblich.

Bedeutungsspektrum von aufsätzig

Das Adjektiv aufsätzig hat seinen Hauptgebrauch im Frühneuhochdeutschen (vgl. 2DWB 3, 688, FWB-online unter aufsetzig). Häufig steht es in Dativkonstruktionen wie z. B. welcher dem ritter zůvor neidig und auffsetzig war (1551) und hat hier die Bedeutung jemandem (oder etwas) gegenüber feindlich, ablehnend gesinnt sein, übelwollend (1643, 1749). In seinen verschiedenen, nicht immer klar abgrenzbaren Verwendungen bezeichnet das Wort stets eine Haltung der Feindseligkeit, des Ungehorsams oder der Auflehnung jemandem gegenüber, die als negativ, normwidrig oder nicht akzeptabel wahrgenommen wird. Aufsätzig wird zudem auch mit einer noch stärkeren negativen Akzentuierung verwendet: Die Haltung oder das Verhalten der bezeichneten Person wird als böswillig, heimtückisch oder hinterhältig empfunden. Dies impliziert eine negative, auch betrügerische Absicht, einschließlich der Bereitschaft, etwas Schädliches oder Gefährliches zu tun (1580, 1626). Darauf beruht auch die metonymische Verschiebung im Sinne von begierig, versessen auf, die insbesondere in Bezug auf tierische Verhaltensweisen zu beobachten ist: aufsätzig bezeichnet hier eine Form vorsätzlicher‚ begieriger Nachstellung oder Aneignung (1557, 1682, 1747).

Zu diesen Bedeutungen stellt sich eine weitere, schärfer abzugrenzende Lesart, in der das Wort mit einer politischen Bedeutungsdimension im Sinne von sich offen auflehnend, aufständisch, widerständig verwendet wird. Diese Lesart bezieht sich auf Personen oder Gemeinschaften (z. B. Nationen, Soldaten, Stände, Bürger), die sich gegen Autoritäten, Regierungen oder bestehende Ordnungen auflehnen und impliziert eine aktive Rebellion (1529, 1604, 1739).

Bedeutungsspektrum von aufsässig

Auch aufsässig beschreibt stets eine Form von feindseliger und ablehnender Haltung oder ein ungehorsames Verhalten, das sich gegen Regeln, Erwartungen und Autoritäten richtet. In den wenigen älteren Belegen wird aufsässig überwiegend in der Lesart feindlich gesinnt, ablehnend, übelwollend verwendet (1569, 1618, 1707). Diese Bedeutung ist erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, vor allem in der Dativverbindung jemandem aufsässig sein (1785, 1816, 1836), vermehrt bezeugt. Im 20. Jahrhundert ist diese Lesart, abgesehen von wenigen literarischen Verwendungen, nicht mehr gebräuchlich (1931, 1977). Die Bedeutung aufständisch, widerständig ist zwar zuerst belegt (1561), tritt aber erst im 19. Jahrhundert mit der insgesamt stärkeren Verbreitung von aufsässig wieder auf (1819). Dieser Gebrauch ist bis heute üblich (1996, 2011).

Neben dieser Verwendung in politischen Zusammenhängen entwickelt sich eine weitere Lesart: ungehorsam, trotzig, widerspenstig kommt gelegentlich schon im 19. Jahrhundert vor (1859) und wird nach der Jahrhundertwende zur Hauptgebrauchsweise von aufsässig. Das Wort wird somit von einem Kontext, in dem es sich auf politisch motivierte Haltungen und Handlungen gegen bestehende Systeme oder Autoritäten bezieht, in einen alltäglicheren, oft familiären Beziehungskontext übertragen. Aufsässig bezeichnet hier das Verhalten von Personen, die in einer Beziehungshierarchie niedriger stehen (häufig von Kindern oder Schülern) und sich den Anweisungen, Regeln und Erwartungen von Autoritätspersonen widersetzen (2004, 2015).

Aufsässigkeit

Das Substantiv Aufsässigkeit leitet sich vom Adjektiv aufsässig ab und ist seit dem Ende des 18. Jahrhunderts belegt. Ein kontinuierlicher Gebrauch lässt sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts beobachten. Das Wort beschreibt eine ablehnende und widerständige, durch Ungehorsam und Auflehnung gegenüber Autoritäten gekennzeichnete Haltung oder Handlung (1795, 1879, 1951, 2019a). In der Lesart Widerständigkeit, Auflehnung ist auch die im älteren Sprachgebrauch übliche Wortform Aufsätzigkeit (auch Aufsetzigkeit) bis ins auslaufende 19. Jahrhundert noch bezeugt (1848a, 1888).1) Im 20. Jahrhundert wird das Substantiv Aufsässigkeit – in Entsprechung zur Bedeutungsentwicklung des Adjektivs – zunehmend auch in der Lesart Widerspenstigkeit, Trotz verwendet (1908, 2019b).

Wortfeld: renitent und aufmüpfig

Das Adjektiv aufsässig steht in einem Wortfeld mit den zu unterschiedlichen Zeiten in Gebrauch gekommenen Wörtern aufmüpfigWGd und renitent, die ebenfalls eine ablehnende und auflehnende Haltung oder ein gegen Autoritäten oder Anweisungen gerichtetes Verhalten bezeichnen (vgl. auch rebellischWGd und widerständigWGd).

Das Adjektiv renitent kommt in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts als Lehnwort aus dem Französischen ins Deutsche (1674; vgl. Heine 2024, 233). Renitentfrz. geht zurück auf lateinisch renītēns, das Partizip Präsens von renītī sich widersetzen (vgl. Pfeifer unter renitent). Das Substantiv Renitenz Widerspenstigkeit, Auflehnung, aus französisch rénitence entlehnt, begegnet bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in deutschsprachigen Texten (1644). Im Unterschied zur älteren Verwendung im Französischen und im Englischen (vgl. 3OED unter renitent, adj. 2 und renitence, n. 2), wo die Wörter älter auch mit Bezug auf physischen Widerstand gegen Druck oder Verformung gebräuchlich sind, werden Renitenz und renitent im Deutschen von Beginn an abstrakt verwendet (1700, 1848b 1917, 2018).

Die Adjektive aufsässig, renitent und das erst im 20. Jahrhundert gebräuchliche aufmüpfigWGd werden in ähnlichen Kontexten verwendet und sind in der Lesart sich auflehnend, widerspenstig, trotzig gebräuchlich. Es lassen sich gleichwohl feine Bedeutungsnuancen feststellen: Aufsässig impliziert oft eine feindselige und ablehnende Haltung; es deutet auf einen stärkeren, bewussten und ernsthaften Widerstand gegen Autoritäten, bestehende Ordnungen und Regeln hin. Renitent hingegen betont meist die Hartnäckigkeit und Unnachgiebigkeit der bezeichneten Person, die sich weigert, zu gehorchen oder sich anzupassen (2008). Der Fokus liegt hier auf dem beharrlichen, aber auch eigensinnigen Charakter des Widerstands. Im Unterschied dazu ist das mit aufmüpfig bezeichnete Verhalten in der Regel eher provokativ im Moment, ohne tief in einer entsprechenden Haltung verwurzelt zu sein. So wird aufmüpfig häufiger als renitent im Zusammenhang mit widerspenstigem und trotzigem Verhalten von Kindern verwendet.

Anmerkungen

1) Zu der nur frühneuhochdeutsch gebräuchlichen Lesart Arglist, Falschheit, Bosheit, Schlechtigkeit vgl. 2DWB 3, 689.

Literatur

2Adelung Adelung, Johann Christoph: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen, 2. vermehrte und verbesserte Ausg. Bd. 1–4. 2. Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1793–1801. Hildesheim u. a. 1990. (woerterbuchnetz.de)

Campe Wörterbuch Campe, Joachim Heinrich: Wörterbuch der deutschen Sprache. Theil [Bd.] 1–5. Braunschweig 1807–1811.

2DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Neubearbeitung. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vormals Deutsche Akademie der Wissenschaften) und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 1–9. Stuttgart 1983–2018. (woerterbuchnetz.de)

FWB-online Frühneuhochdeutsches Wörterbuch/FWB-online. Hrsg. von Ulrich Goebel, Anja Lobenstein-Reichmann, Oskar Reichmann. 2017 ff. (fwb-online.de)

Heine 2024 Heine, Matthias: Kluge Wörter. Wie wir den Bildungswortschatz nutzen können – und wo seine Tücken liegen. Berlin 2024.

25Kluge Kluge – Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearb. von Elmar Seebold. 25., durchgesehene und erweiterte Aufl. Berlin/Boston 2011.

Lexer Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Zugleich als Supplement und alphabethischer Index zum Mittelhochdeutschen Wörterbuch von Benecke-Müller-Zarncke. Bd. 1–3. Leipzig 1872–1878. (woerterbuchnetz.de)

3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)

Pfeifer Pfeifer, Wolfgang u. a.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. (dwds.de)

Belegauswahl

mit grossem spott und frolockung/ aller/ uns ufsetzigen nacionen und völkern/ so jetz die Eydgnossen selbs das/ so vor allen fürsten und herren nie hat mogen gelangen/ an ein andern volbrechtend.

Salat, Johannes: Reformationschronik 1517–1534. Quellen zur Schweizer Geschichte. Neue Folge. I. Abt. Chroniken. Bd. 8/2. (1528–1534). Bearb. v. Ruth Jörg. Bern 1986, S. 594. (e-helvetica.nb.admin.ch)

Als aber nun die falschen zungen, so dem edlen Reinharten taͤglich auffsetzig waren, ein semlichs vernummen hatten unnd namlich der falsch Orwin, welcher dem ritter zůvor neidig und auffsetzig war, derselb zů stund wargenummen hat, das Reinhart in dem frawenzimmer was, derhalben er sich bald zů dem künig fuͤget, anhůb und sprach: […].

Wickram, Georg: [Historie von Reinhart und Gabriotto]. In: Ders.: Werke. Band 1. (Galmy – Gabriotto). Hrsg. v. Johannes Bolte u. Willy Scheel. Tübingen 1901 [1551], S. 189–374, hier S. 280.

Noch vil andere ſpeyſen mer brauchend die Rappen: dann ſy nit alllein allerley todten ſchelmen fraͤſſend: ſunder ſy ſind allen geſaͤyten ſomen vnd früchten der boͤumē aufſetzig.

Gessner, Conrad: Vogelbuch. Darin die art/ natur vnd eigenschafft aller vöglen sampt jrer waren Contrafactur angezeigt wirt […]. Zürich 1557, Bl. 198 r. (books.google.de)

Die auff der seiten müssen noch sterben
Durch meinen gwalt elendt verderben
Weil sie dadeln mein Regimendt
Und heimlich gar auff sessig sendt.

Sachs, Hans: Sehr herrliche schöne Tragedi, Commedi und Schimmpf-Spiel […]. Nürnberg 1561, Bl. 189 v. (books.google.de)

Sonst würden sie dieselbigen nit also verklainern/ inen nit so neidig vnd auffsessig/ vnd irer ehr/ irem thun vnd wercken/ so hefftig zuwider sein.

Bentzius, Michael: Rettung der wolgegründten ursachen des abtrettens von den Secten zu der alten wahren recht Evangelischen Catholischen Kirchen. […]. [München] 1569, S. 150. (digitale-sammlungen.de)

A. 1580 den 19. marcii mach min gnedigster churfurst und her von Coln Gebhardus einen lackeien oder knecht bei Kaiserswerde erschossen haben, ob es ungeferlich oder uffsetzich geschehn sie, kan ich nit wissen.

Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert. 3. Bd. Bearb. v. Friedrich Lau. Bonn 1897, S. 58. (google.de)

Eduarden Seimiri sach bald den Krebßgang / dann die Ständ wurden jme vmb seiner Tyranney willen auffsätzig/ […]hängten das Ohr zu dem stattlichen Landtherrn Dublaeo/ welcher sich fast gar keiner Religion achtete/ aber jedoch den Catholischen heimblich am günstigsten ward.

Mayr, Johann: Epitome Cronicorum seculi moderni: […]. München 1604, S. 97 v. (books.google.de)

als derselbe von hinden her bey Lybia vf das rothe Meer einen gewaltigen schifzug albereit außgeschickt/ vnd an den Grenzen dem Feind grossen Schaden gethan/ sind im dannenhero die Venediger vffſässig vnd gehässig worden.

N. N.: Verantwortung So zu behauptung der Vrsachen, derentwegen deß Ertzhertzogs Ferdinandi Durchleuchtigkeit, [et]c. zu gegen wärtigem Krieg bewogen worden, fürnemblich gestellt […]. O. O. 1618, S. 33. (digitale-sammlungen.de)

Im Königereich Hyrcanien war eine Königin genant Rodanira, ein Weibsbild von Gestalt sonsten schön genug/ aber beneben so arglistig/ auffsetzig vnnd verschlagen/ als man eine vnder dem Himmel finden möchte.

[Caseneuve, Pierre de]: Theatrum Amoris. Oder Schawplatz der Liebe. Das ist: Eine schöne vnd vberauß anmühtige Histori von Caritea der verliebten Princessin auß Cypern. Vnderschieden in Drey Theil/ nach den Namen der drey Gratien, vnd Erstlichen Frantzösisch beschrieben. Anjetzo aber zum trewlichsten verteutscht. Frankfurt a. M. 1626, S. 416. (hab.de)

Vber diß/ gleichwie einem Frembdling vnd Wandersmann/ jedermann faſt auffſaͤtzig iſt. Denn koͤmt einer an einen frembden Orth/ oder in eine frembde Stadt/ vnd wil ſich da ſetzen/ ſo iſt faſt jedermann wieder jhn/ vnd mann machts jhm ſawer vnd ſchwer.

Lange, Friedrich: Status Christianorum […]. Erfurt 1643, Bl. C iij v. (deutschestextarchiv.de)

[…] vnd an andere Oerther/ da man sich meiner Renitentz geärgert.

[Khevenhiller, Frantz Christoff]: Annales Ferdinandei, Oder Warhaffte Beschreibung, Kaysers Ferdinandi deß Andern […]. 8. Theyl. Wien 1644, S. 463. (google.de)

Dieweil sich jedoch zutragen könte/ daß er sich renitent erzeigen/ und nicht pariren dörffte.

[Lautenbach, Conrad]: Relationis Historicae Semestralis Autumnalis Continuatio: Jacobi Franci Historische Beschreibung der denckwürdigsten Geschichten […]. Frankfurt a. M. 1674, S. 89. (staatsbibliothek-berlin.de)

Ameiſſen ſind ſo wol den Bienſtoͤcken als dem Hoͤnig ein aufſaͤtziger geſchwinder und anfaͤlliger Feind/ […]daher ihre an dem Bienenhauſe nahende Neſter mit allem Fleiß zu verſtoͤren/ und die Ameiſſen/ wie in den Garten-Buͤchern gezeigt worden/ zu vertilgen/ wann man den Boden herum mit Kalch und Aſchen beſtreuet/ werden ſie nicht leichtlich anſetzen.

Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa […]. Bd. 2. Nürnberg 1682, S. 376. (deutschestextarchiv.de)

DAß die gemuͤther der ſtudioſorum von ſelbſten eine ſolche renitentz gegen das ſtudium Biblicum haben ſolten/ […]daß wenn die Profeſſores ihnen deſſen hoͤchſte nothwendigkeit weiſen/ auch ſelbs zeigten/ daß ſie die jenige vor allen andern æſtimirten/ welche ſonderlich hierinnen vor allen andern ſtudiis excellirten/ ſo denn ihnen mit eigenem exempel alſo vorgiengen/ daß ſie wahrhafftig ſehen/ ihre præceptores ſetzten auch alles auff daſſelbige/ ſie nicht eben ſo wohl eine liebe gegen daſſelbige gewiñen/ uñ fleiß daran wenden wuͤrden/ kan nicht wohl begreiffen.

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken […]. Bd. 1. Halle (Saale) 1700, S. 408. (deutschestextarchiv.de)

Wann andre Leut einen Daisel um sich haben/ hat ein Geistlicher/ der sein Amt getreulich ausrichten will/ wol 10. dafür/ und die Weltkinder miteinander sind ihm (dem geistlichen) zuwider und auffsässig.

Nerreter, David: Schau-Platz Der Streitenden doch unüberwindlichen Christlichen Kyrchen […]. Nürnberg 1707, S. 873. (google.de)

Und haͤtteſt du es wohl kluͤger anfangen koͤnnen, eine uns bißher ſo aufſaͤtzige Nation auf unſere Seite zu ziehen, als daß du ihr, auf eine ſo liſtige Art, durch die Vermittelung eines Feindes unſerer Geſellſchaft, ein Buch in die Haͤnde ſpieleſt, welches ſie von einem andern nicht wuͤrde angenommen haben, und ohne Frucht nicht leſen kan?

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt/Leipzig 1739, S. 416. (deutschestextarchiv.de)

[…]Es iſt einem jeden Leid, wann die Raupen die ſchoͤnſten Bluͤthen und Fruͤchte abfreſſen, und ſaͤhe lieber, alle Aeſte von reiffen Fruͤchten ſich biegen, daß dem HErrn JEſu niemand kein Leid, ſondern alles nur Freude machte, daß demnach die zarte Zweiglein vor den aufſaͤtzigen Freſſern behuͤtet und bewahret wuͤrden, daß kein Raupen-Neſt der Jugend Luͤſten das junge Hertz verwuͤſte.

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend […]. Schaffhausen 1747, S. 442. (deutschestextarchiv.de)

Mein Verdacht machte mich ohnehin aufſaͤtzig genug: und uͤber dieſes glaubte ich, wenn er ſchuldig waͤre, ſo wuͤrde er ſich mit einer unzulaͤnglichen Antwort zu helfen ſuchen, und eben hiedurch meinen Widerwillen gegen ſich vergroͤßern.

[Richardson, Samuel]: Clarissa, Die Geschichte eines vornehmen Frauenzimmers. Bd. 3. Hrsg. von Johann David Michaelis. Göttingen 1749, S. 192. (deutschestextarchiv.de)

Ihr [Philines] ganzes Wesen hatte etwas Kindisches und Unschuldiges, das ihr in den Augen eines jeden einen neuen Reiz gab. Alle Frauen waren ihr aufsässig und zwar mit Recht.

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters theatralische Sendung. Viertes Buch. In: Ders.: Werke (Weimarer Ausgabe). Hrsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Bd. 52. Weimar 1911, S. 51. (archive.org)

das Patriziat handelt nach den Grundſaͤtzen einer Ariſtokratie, die zur Ochlokratie neigt, verdraͤngt die uͤbrigen Staatsbuͤrger von den Hauptgeſchaͤften der Regierung […] daher Aufſaͤßigkeit und Groll der Kuͤnſtler- und Handwerker gegen alle obige.

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers […]. Bd. 3. Fünftes Heft. Berlin 1795, S. 163. (deutschestextarchiv.de)

denn alle Menſchen ſind mir aufſaͤſſig geworden, die Weiber haben mich gehaßt, die Maͤnner verachtet, […]die haͤßlichſten erbaͤrmlichſten Geſchoͤpfe machten neben mir Gluͤck, meine Verdienſte wurden nie bemerkt, daruͤber bin ich ein Menſchenfeind und Veraͤchter aller Geſchoͤpfe geworden.

Tieck, Ludwig: Phantasus. Eine Sammlung von Märchen, Erzählungen, Schauspielen und Novellen. Bd. 3. Berlin 1816, S. 261. (deutschestextarchiv.de)

Sie behaupteten, ich wolle durch meine langen Rockschöße Unzufriedenheit im Volke erregen und es aufsässig machen gegen die Regierung, gehöre überhaupt zu einem geheimen Bunde, dessen Zeichen ein kurzer Aermel sei.

Hoffmann, E. T. A.: Klein-Zaches, genannt Zinnober. Ein Märchen. In: Ders.: Werke. Bd. 13. Berlin 1819, S. 93. (books.google.de)

Bei der Ausstellung im Jahre 1827 wurde mir gleiche Auszeichnung zu Theil, so daß mir beinahe alle Messerschmide von Paris deßhalb aufsaͤssig wurden.

Polytechnisches Journal 59 (1836), S. 271. (bbaw.de)

Wie wagt Ihr von „der verbrecherischen Aufsetzigkeit einiger irregeleiteten Arbeiter“ zu sprechen?

Neue Rheinische Zeitung, 30. Juni 1848, Nr. 30, S. [1]. (deutschestextarchiv.de)

Renitente Bürgerwehren müssen jedoch aufgehoben werden können.

Neue Rheinische Zeitung, 21. 12. 1848, Nr. 174, S. [2]. (deutschestextarchiv.de)

Was ihm Pürier bot, war wirklich arg; er mußte sich zuweilen wie ein aufsässiges Kind behandeln lassen.

Die Grenzboten 18/2/1 (1859), S. 26. (deutschestextarchiv.de)

die Sprache gegen die Obrigkeit ward etwas lauter und ſchärfer; die geiſtlichen Fürſten den Rhein entlang erließen ſchon in ihrer Herzensangſt geſtrenge Strafmandate wider die Aufſäſſigkeit der Unterthanen.

Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 1: Bis zum zweiten Pariser Frieden. Leipzig 1879, S. 119. (deutschestextarchiv.de)

Zur Entschädigung nahm er aber auch dafür eine ungeheure Zeche und schmetterte jede Aufsätzigkeit mit der naturwüchsigen Logik nieder: „Ihr seid reich, wir sind arm. Wir haben Euch ja nicht gerufen. Wenn Ihr also kommt und uns nöthig habt, so gebt uns einen Theil Eures Reichthums mit."

Bleibtreu, Karl: Größenwahn. Bd. 2. Leipzig 1888, S. 178.

Die Macht der Eltern, Lehrer, Lehrherrn reiche bei der Aufsässigkeit eines großen Teiles unserer Jugend nicht aus, um eine gesetzlich festgelegte Freiheit zu zügeln.

Verhandlungen des Reichstages. 12. Legislaturperiode. 1. Session. Bd. 246. Anlage zu den Stenographischen Berichten. Berlin 1908, S. 4836. [DWDS] (digitale-sammlungen.de)

Schlechte Kost schafft in der Regel Unzufriedenheit, Renitenz und schlechte Laune, auch zu Hause.

Verhandlungen des Reichstages. 13. Legislaturperiode. 2. Session. Bd. 310. Stenographische Berichte. Berlin 1917, S. 3462. [DWDS] (digitale-sammlungen.de)

„Lauro! Ihm ist Papa viel weniger aufsässig. Er gesteht ihm sogar eine Portion Unabhängigkeit zu. Lauro kann sich am besten bewahren. Es ist komisch …".

Werfel, Franz: Die Geschwister von Neapel. In: Gesammelte Werke [IV]. Berlin u. a. 1931, S. 63.

Er muß sich nämlich zu dem Eingeständnis bequemen, daß der Widerstand der westdeutschen Bevölkerung gegen die Maßnahmen der westlichen Interventionsmächte ständig wächst. Die Bevölkerung befände sich in einem „Zustand ungeduldiger Aufsässigkeit".

Berliner Zeitung, 14. 12. 1951. [DWDS]

Paul Kornfeld war ein sehr schlechter Schüler, jede Frage beantwortete er falsch, wenn er überhaupt antwortete, und da er immer dazu grinste, er konnte nicht anders, war ihm der Lehrer aufsässig.

Canetti, Elias: Die gerettete Zunge. Geschichte einer Jugend. Frankfurt a. M. 1985, S. 96.

Deshalb werden die Brutalitäten der uniformierten Staatsmacht gegenüber aufsässigen Minderheiten in Kaschmir oder in Assam kaum zur Kenntnis genommen.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. 5. 1996. [DWDS]

Jetzt verlangen die Lehrerinnen und Lehrer mehr Möglichkeiten, bei aufsässigen Schülern durchgreifen zu können.

Basler Zeitung, 10. 9. 2004. [DWDS]

Begründet wurde dies damit, dass der Betroffene, der jede Mitwirkung bei der Ermittlung seiner Identität hartnäckig verweigert, innert der maximal zulässigen Haftdauer von 18 Monaten nicht zu einer Änderung seines renitenten Verhaltens gebracht werden könne.

Neue Zürcher Zeitung, 3. 9. 2008. [DWDS]

Die Jagdflugzeuge, die Gadhafi jetzt aufsteigen lässt, um sein aufsässiges Volk zu bombardieren, zerstören auch die Popikone, die sich der Westen von ihm gebastelt hat: des Herrschers als Spaßmacher und Clown.

Die Zeit, 10. 3. 2011. [DWDS]

Balducci, ein pedantischer Spießer, haust mit seiner Tochter in einer Art Klimbimwelt der siebziger Jahre, Teresa ist als aufsässige Göre eine Mischung zwischen Pippi Langstrumpf und Ingrid Steeger.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. 11. 2015. [DWDS]

Eine gewisse Renitenz, die Bereitschaft, sich Unzumutbarem zu widersetzen, der Wille zu Veränderung – das sind Eigenschaften, die wahrscheinlich den meisten Menschen als Tugenden gelten.

Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier an der Nationalen Universität Kiew-Mohyla-Akademie, 29. 5. 2018. [DWDS] (bundesregierung.de)

Der Freiheitsdrang der Bürger brach sich in der Massenabwanderung und in zunehmender Aufsässigkeit Bahn.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. 10. 2019. [DWDS]

Der Junge, aus dem ein Genie komplizierter Klänge wurde, wuchs in einer kaputten Familie auf, flog wegen allzu schlechter Noten von der Schule und wegen Aufsässigkeit aus dem Militärdienst.

Die Zeit, 27. 12. 2019. [DWDS]