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Sippschaft Sippschaftstafel

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Die Geschichte des Wortes Sippschaft nimmt einen ähnlichen Verlauf wie die von Sippe. Von der Bedeutung verwandtschaftliche Beziehung entwickelt es sich Anfang des 16. Jahrhunderts zu einer Kollektivbezeichnung mit der Bedeutung Verwandtschaft, Familie. Vor allem mit spöttisch-abwertendem Unterton bleibt es bis in die Gegenwartssprache geläufig und wird in jüngster Zeit auch als Synonym für Clan genutzt.

Wortgeschichte

Herkunft

Das Wort Sippschaft, mittelhochdeutsch sippeschaft, setzt sich aus dem Substantiv Sippe und dem Suffix -schaft zusammen. Als Wortbildungselement hat -schaft unterschiedliche Funktionen. Einerseits bezeichnet es in der Zusammensetzung mit SippeWGd ein Verwandtschaftsverhältnis (1635, 1659) sowie, häufig in rechtssprachlichen Texten, den Verwandtschaftsgrad (1691). Andererseits kann -schaft als Ableitungssuffix mit SippeWGd ein Kollektivum markieren und bedeutet dann Gesamtheit der Verwandten, Angehörigen (vgl. bspw. das bedeutungsverwandte Freundschaft, das sowohl die Beziehung als auch – in älterer Zeit – die Menge der Freunde bezeichnen kann).

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Das Suffix -schaft

Das Wortbildungselement -schaft geht zurück auf zwei Substantive: althochdeutsch scaf Beschaffenheit, Ordnung, Plan sowie sc(h)aft Form, Gestalt, Beschaffenheit, Breite (AWB 8, 794 f., 814). Schon vormittelhochdeutsch beginnt ein Zusammenfall zugunsten von sc(h)aft, aber auch die Form scaf bleibt zunächst erhalten (Mhd. Gr. 3, 117). Das mittelhochdeutsche Femininum schaft bedeutet Geschöpf, Gestalt, Eigenschaft und findet sich in Sippschaft zur Bezeichnung eines Verwandtschaftsverhältnisses. Daneben ist das auf Personen bezogene Kollektivsuffix -schaft auf die ursprüngliche Bedeutung des althochdeutschen scaf, sc(h)aft Beschaffenheit zurückzuführen (vgl. 5Duden Herkunft unter Schaft). Sippschaft stellt sich damit in eine beträchtliche Reihe von Ableitungen mit -schaft, die aus einer Bezeichnung für eine Relation eine Kollektivbedeutung entwickeln (4Paul, Dt. Gr. 5, 84; 3Henzen, 191; Fleischer/Barz 2012, 221).

Sippschaft und Verwandtschaft

Das im frühen 16. Jahrhundert erstmals belegte Kollektivum Sippschaft (1524, 1575) bleibt in dieser Verwendung zunächst noch selten. Parallel setzt sich das Wort Verwandtschaft zur Bezeichnung von verwandtschaftlicher Beziehung durch. In einer Entwicklung, die im 16. Jh. ansetzt, wird V[erwandtschaft] zunehmend älteren Bezeichnungen für die Familienzugehörigkeit – z. B. Magschaft, Sippschaft und wie bei M[artin] Luther Freundschaft – vorgezogen (HWPh 11, 991). Das Wort Sippschaft verliert als Beziehungsbegriff an Bedeutung und scheint sich im Zuge dessen als Kollektivbezeichnung mit der Bedeutung Gesamtheit der Verwandten, Angehörigen zu etablieren.

Bedeutungsverschlechterung

Die Wortverlaufskurve des DTA und DWDS-Kernkorpus steigt seit Ende des 18. Jahrhunderts deutlich an, zeigt eine Hochphase in der Mitte des 19. Jahrhunderts und nimmt zum Ende des 19. Jahrhunderts ab.

Abb. 1: Wortverlaufskurve zu „Sippschaft“;

DWDS (dwds.de) | Bildzitat (§ 51 UrhG)

Autoren des 18. und 19. Jahrhunderts finden offenbar Gefallen an dem noch wenig verbreiteten Kollektivum Sippschaft. Sie nutzen es in vielfältiger Weise. Während die neutrale Bedeutung Gesamtheit der Verwandten, Angehörigen oder Familie nur sporadisch vorkommt (1746, 1751), zeigen sich Ende des 18. Jahrhunderts zunehmend spöttische oder abwertende Konnotationen des Wortes, insbesondere in Übertragungen (1786, 1792, 1794). Dieser Gebrauch setzt sich im 19. Jahrhundert fort, während die eigentliche Bedeutung von Sippschaft weiterhin nur vereinzelt bezeugt ist (1815, 1868). Dabei wird ein spöttischer Unterton häufig durch die Kollokation die ganze Sippschaft ausgedrückt (1814, 1844) oder durch eine Verbindung mit wertenden Adjektivattributen wie liebe, hochgeborene verstärkt (1815, 1845).

Auch nicht verwandte Personengruppen werden als Sippschaft bezeichnet, meist mit stark abwertender Konnotation. Erste Belege um 1800 kennzeichnen den Übergang zur Bedeutung üble Gesellschaft, Bagage (1796, 1834). Diese Verwendungen verdichten sich seit Ende des 19. Jahrhunderts (1871, 1946) und stellen bis in die Gegenwartssprache den Hauptgebrauch des Wortes dar (1994; SippschaftDWDS; vgl. insgesamt 1DWB unter sippschaft).

Clan und Großfamilie

In jüngerer Zeit fungiert Sippschaft gelegentlich auch als negativ besetztes Synonym für ClanWGd oder GroßfamilieWGd in der Bedeutung um ein Oberhaupt herum organisierte, auch in verwandtschaftlicher Beziehung stehende Gruppierung, (kriminelle) Bande (1997, 2003, 2017).

Sippschaft im Nationalsozialismus

Anders als das Wort SippeWGd spielt Sippschaft als Simplex in der Zeit des Nationalsozialismus offenbar keine besondere Rolle. Es ist weniger häufig bezeugt, deckt aber durchaus einen Großteil des Bedeutungsspektrums von Sippschaft ab (1933, 1934a, 1941). Als Bestimmungswort in der Zusammensetzung Sippschaftstafel dagegen ist das Wort in nationalsozialistischen Schriften präsenter. Das Kompositum ist allerdings keine Wortneubildung der Zeit, sondern bereits Anfang des 20. Jahrhunderts bezeugt (1912). Der Mediziner und nationalsozialistische Rassenforscher Karl Astel greift vermutlich darauf zurück und bringt im Jahr 1933 eine Sippschaftstafel zur Erfassung der Erbanlagen heraus (1935a, 1935b, 1934b).

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Sippschaftstafel als Methode

Astel und sein Landesamt [Thüringisches Landesamt für Rassewesen] entwickelten für ihre wissenschaftliche Arbeit schon frühzeitig eine eigene Methode: die Sippschaftstafel nach Karl Astel (1933). Die Tafel erfaßte die Sippschaft des Probanden aus den vier Großeltern und deren sämtlichen Nachkommen, mit Ausnahme der Vettern und Basen. Diese Generationen wurden in der Tafel untereinander dargestellt und die Abstammung durch entsprechende Verbindungslinien gekennzeichnet. Für jede einzelne Person wurden erfaßt: Vor- und Zuname, genaue Standes- bzw. Tätigkeitsbezeichnung, aktuelles bzw. erreichtes Lebensalter, Todesursache, Körperbau, Gesundheitsverhältnisse. [Hoßfeld 2005, 236]

Literatur

AWB Althochdeutsches Wörterbuch. Auf Grund der von Elias von Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen. Im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig bearb. von Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings. Bd. 1 ff. Berlin 1968 ff. (saw-leipzig.de)

5Duden Herkunft Duden – das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 5., von Jörg Riecke neu bearbeitete Aufl. Berlin u. a. 2014.

1DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Bd. 1–16. Leipzig 1854–1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. (woerterbuchnetz.de)

Fleischer/Barz 2012 Fleischer, Wolfgang/Irmhild Barz: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. 4., völlig neu bearbeitete Aufl. unter Mitarbeit von Marianne Schröder. Berlin/Boston 2012.

3Henzen Henzen, Walter: Deutsche Wortbildung. 3. durchgesehene und ergänzte Aufl. Tübingen 1965.

Hoßfeld 2005 Hoßfeld, Uwe: Geschichte der biologischen Anthropologie in Deutschland. Von den Anfängen bis in die Nachkriegszeit. Stuttgart 2005.

HWPh Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hrsg. von Joachim Ritter, Karlfried Gründer, Gottfried Gabriel. Völlig neubearb. Ausg. des „Wörterbuchs der philosophischen Begriffe“ von Rudolf Eisler. Bd. 1–13. Basel 1971–2007.

Mhd. Gr. Mittelhochdeutsche Grammatik. Hrsg. von Thomas Klein/Hans-Joachim Solms/Klaus-Peter Wegera. Bd. 1 ff. Berlin/Boston 2009 ff.

4Paul, Dt. Gr. Paul, Hermann: Deutsche Grammatik. Bd. 1–5. 4. Aufl. Halle a. d. S. 1956–1959.

Belegauswahl

vnd alle dorffer, die vmb diſe stedte her waren, bis gen Baal, das iſt yhr wonung vnd yhr sippschafft vnter yhnen

Martin Luthers Werke. Bd. 9,2. Weimar 1955, S. 106.

[…]Sintemal ſolcher noch mehr ſuͤſſere Namen mit ihren auff dem rucken pringet, also daß man einander mit den allerholdſeligſten Namen, des Vatters, der Mutter, der Bruͤder, der geſchwiſter benennet, ruffet vnd gemeynet: darauß abzunemmen, daß wa ſie inn ein abgang geraten, bald alle Schwerd vnd Spilmagen, all Sipſchafften, verwandſchafften, Vetterſchaften, Baßſchafften Oehemſchafften, Mumſchafften, Nef vnd Nichtſchaften, Kindſchafften, Geuatterſchafften, Holdſchafften muͤßten wie die glider des leibs, da ſie dem bauch nicht dienen wolten, abgehn vnd fallen […]: ja die ganzte Welt zu grund ſincken, vnnd inn ihrer Muter Leib das Chaos, den Kochhhafen vnd Bachofen tretten: […].

Johann Fischarts Geschichtsklitterung (Gargantua). Hrsg. v. A. Alsleben. Synoptischer Abdruck der Bearbeitungen von 1575, 1582 und 1590. Halle a. S. 1891, S. 94. (books.google.de)

Die ander Vrsach / so man angzeucht / ist die nahe Sippschafft vnd Verwandnuß: […]weil jetzigen Keysers Ferdinandi Vetter Carolus / vnnd vnser der Frantzosen Königin Altmutter Vatter Maximilian der Ander rechte Geschwister gewesen: Daher vnnd in Ansehung einer so nahen Verwandtnuß (sagen sie) sey vnserer Königin Herr vnd Ehegemahl / jhrem Vettern mit Hülffe beyzuspringen schuldig.

Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum. Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt a. M. 1635, S. 392. (deutschestextarchiv.de)

Jn Collateral/ oder beſeitslicher Linien/ ſollen auch die Perſonen/ ſo bey den Eheſachen/ im 1. und 2. Grad/ der Sippſchafft/ und Blutsverwandnus/ gleicher oder ungleicher Linien/ als Geſchwiſter git […]/ und dero Kinder/ deßgleichen ſo im dritten Grad/ ungleicher Linien/ einander verwandt ſeyn/ ſich keines wegs zuſammen ehelich verpflichten/ und verheuraten; […].

Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm 1659, S. 63. (deutschestextarchiv.de)

Und ſo fern auch dieſe [Geschwister] ermangelten/ ſo gebuͤhret die Erb-Folge jedesmal denenjenigen/ die den Verſtorbenen mit Sipſchafft am naͤchſten verwandt ſeyn.

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Stats-Lehre/ Oder Kurtze Vorstellung der Schuldigen Gebühr aller Menschen/ und insonderheit der Bürgerlichen Stats-Verwandten/ nach Anleitung Derer Natürlichen Rechte. Leipzig 1691, S. 294. (deutschestextarchiv.de)

Sein [Enkelchen] kindiſch-munterer Betrieb hat mich recht ungemein ergetzet,
Und zwar weit mehr, als unſre Sippſchaft: Denn, wenn ihn auch ein Fremder ſieht,
So iſt wohl keiner, deſſen Lieb’ er nicht gleich zu und auf ſich zieht.

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Achter Theil. Hamburg 1746, S. 355. (deutschestextarchiv.de)

[…]; denn er [Bürger] ſagte, wenn ſolche Verdienſte [Tapferkeit] einen Edelmann machten, ſo waͤre ihm und ſeines gleichen Vater und Mutter, und die ganze Sippſchaft, nichts nuͤtze.

Rabener, Gottlieb Wilhelm: Sammlung satyrischer Schriften. Leipzig 1751, S. 182. (deutschestextarchiv.de)

Eben so zahlreich [wie von guten Gottheiten] ist die Sippschaft ihrer boͤsen Goͤtter […], von denen der Stammvater Joͤ oder Schaitan heißet.

Hammerdörfer, Karl/Christian Traugott Kosche: Asia. Ein geographisch-historisches Lesebuch zum Nutzen der Jugend und ihrer Erzieher. Bd. 3 als eine Fortsetzung von Europa. Leipzig 1786, S. 12. (gei.de)

Aber auſserdem, daſs die Reinheit des männlichen Verstandes und des männlichen Willens keine Lobrede verdient, und daſs Selbstsucht mit ihrer ganzen Sippschaft von Eitelkeit, Stolz, Geldhunger und Schmeichelei, die Männer [Gelehrte] gar übel plagt; so ist das Ende vom Liede aller Wissenschaften und alles gelehrten Dichtens und Trachtens, (wenn es nicht bloſs Lückenfüller und Langeweiltröster seyn soll) moralisch besser zu werden.

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin 1792, S. 412. (deutschestextarchiv.de)

[…]
Dann erlaubt euch mein gnaͤdiger Herr noch uͤber das alles,
Reinecken, der euch verrieth, auf jede Weise zu schaden;
Ihn, sein Weib und Kinder und alle seine Verwandten
Moͤgt ihr verfolgen, wo ihr sie trefft, es hindert euch niemand.
Diese koͤstliche Freyheit verkuͤnd’ ich im Nahmen des Koͤnigs.
Er und alle, die nach ihm herrschen, sie werden es halten
Nur vergesset denn auch, was euch verdrießlichs begegnet;
Schwoͤret ihm treu und gewaͤrtig zu seyn, ihr koͤnnt es mit Ehren,
Nimmer verletzt er euch wieder; ich rath euch, ergreifet den Vorschlag.
Also war die Suͤhne beschlossen; sie mußte der Widder
Mit dem Halse bezahlen, und alle seine Verwandten
Werden noch immer verfolgt von Isegrims maͤchtiger Sippschaft.
[…]So begann der ewige Haß. Nun fahren die Woͤlfe
Ohne Scheu und Scham auf Laͤmmer und Schaafe zu wuͤten
Fort, sie glauben das Recht auf ihrer Seite zu haben,
Keines verschonet ihr Grimm, sie lassen sich nimmer versoͤhnen.
Aber um Brauns und Isegrims willen und ihnen zu Ehren
Ließ der Koͤnig den Hof zwoͤlf Tage verlaͤngern; er wollte
Oeffentlich zeigen, wie Ernst es ihm sey, die Herrn zu versoͤhnen.

Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin 1794, S. 236. (deutschestextarchiv.de)

Willkomm’n ihr Thaten – und Menſchenſkizzirer! – Hoch lebe die Sippſchaft aller politiſchen Tiefdenker!

Seida und Landensberg, Franz Eugen Joseph von: Die Ränkesüchtige ’Frau. Ein Lustspiel in zween Akten. O. O. 1796, S. [3]. (books.google.de)

Der Hexentanz auf dem Brocken. Mit anbrechender Morgenröthe zerstäubt die ganze saubere Sippschaft [Hexen und Zauberer] nach allen Windgegenden hin.

Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Bd. 1 [mehr nicht erschienen]. Halle a. S. 1814, S. 3. [DWDS]

[Figurenrede:] Du hast deine liebe Sippschaft eingeladen, du willst hoch traktiren und meintest ohne Wildbraten waͤre der Schmaus nicht vornehm genug –

Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig 1815, S. 20. (deutschestextarchiv.de)

Er ſteht zwar ganz unten in der vornehmen Welt, aber unter der ariſtokratiſchen Sippſchaft herrſcht eine merkwürdige Sympathie, und wenn man aufmerkſam iſt, kann man oft unten hören was oben geſprochen wird und ſo erfahren was ſie vorhaben.

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Fünfter Theil. Paris 1834, S. 223. (deutschestextarchiv.de)

Als Herr von Holbein in B. ein junges Mädchen engagiren wollte, so beharrte die ganze weit verzweigte Sippschaft, die insgesammt ihr Leben der Muse geweiht hatte, sofort auf Engagement […], was wohl um so weniger anging, als die ganze, zahlreiche Familie von Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Schwager u. s. w. noch obendrein von Kunsteifer besessen, doch dabei die allermittelmäßigsten Subjecte waren, die am Burgtheater nicht blos geduldet sein, als vielmehr eine glänzende Laufbahn machen wollten.

Die Grenzboten 3/2 (1844), S. 85. (deutschestextarchiv.de)

Dein blankes, glattes Mädel gehörte dahin […], wohin ich sie Dir zu verhandeln rieth, als es mit dem Trödel nicht mehr vorwärts gehen wollte. Dort wäre sie gut aufgehoben gewesen und Dein Lebetage hättest Du nichts von den Dummheiten erfahren, die im vergangenen Jahrhundert Deine hochgeborene Sippschaft beging.

Ernst Willkomm: Weisse Sclaven oder die Leiden des Volkes. Theile 1–5, Leipzig 1845, S. 1623. [DWDS]

„Jch mag nicht mehr den geduldig wartenden Liebhaber spielen“, murmelte er, „und werde einmal anders mit dieser Schiffertante und ihrer Sippschaft reden! […]Da steht’s: Vermache ich, im Weigerungsfall meiner Tochter, am Schluß ihres zwanzigsten Jahres ihren Vetter zu ehelichen, mein obig erwähntes Universalvermögen zur Hälfte meinem Neffen, Herrn Alfred von Torwisch, zur Hälfte meiner Vaterstadt. Pah, es wird schon zusammen bleiben; aber es ist gut, daß ich der Alten bei Gelegenheit zeigen kann, daß sie nicht allein weiß, was in dem Testament steht, und daß ich nicht von ihrem, sondern sie von meinem Willen abhängen.

Sonntags-Blatt, 15. März 1868, Nr. 11, S. 81. (deutschestextarchiv.de)

[Figurenrede:] Ei ſchlecht — klug muß Einer ſein. — — Aha, da kommt die ganze Sippſchaft aus der Schule heraus und der Lehrer ſteht unter der Thür und droht ihnen noch mit dem Lineal nach. Juhei! Jetzt geht’s an’s Schuſſern.

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Viertes Bändchen. München 1871, S. 45. (deutschestextarchiv.de)

[…]Im allgemeinen wird jetzt der Standpunkt vertreten, daß die Verwandtenehe als solche nicht schädlich ist, sondern nur dann, wenn in der Familie der Eheschließenden ungünstige Eigenschaften vorhanden sind, deren Zusammentreffen bei beiden Eltern dieselben steigert, oder, soweit es sich um rezessive Eigenschaften handelt, erst ihr Auftreten begünstigt. Solche rezessive Anlagen, die selten sind und in einer Familie lange latent blieben, können dann auch bei anscheinend günstiger Auslese einer Verwandtenehe auf Grund der Ahnen- oder Sippschaftstafel ein unvermitteltes Auftreten ungünstiger Eigenschaften hervorrufen.

Grotjahn, Alfred/ Ignaz Kaup (Hrsg.): Handwörterbuch der sozialen Hygiene. Bd. 2. Leipzig 1912, S. 725.

[…] so muß aufgeräumt werden mit der ganzen Sippschaft der Volksverderber. […]Hier gibt’s keinen Liberalismus, hier gibt’s nur Zugreifen und Ausrotten. Im Krieg gilt Kriegsgesetz.

Staemmler, Martin: Das Judentum in der Medizin. Zitiert nach Schäfer, Gereon/Carola Döbber/Dominik Groß: Martin Staemmler – Pathologe und Hochschullehrer im Dienst der nationalsozialistischen „Rassenpolitik“. Aachen 2010, S. 22. (ukaachen.de)

Blut und Boden sind gerade in ihrer Verbindung abkürzender Ausdruck für das naturnahe, naturhafte Wachstum völkischen Gesamtlebens, in das wir alle durch Abstammung und Sippschaft bluthaft verflochten sind.

Elert, Werner: Werner Elert. Zitiert nach Töllner, Axel: Eine Frage der Rasse? Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, der Arierparagraph und die bayerischen Pfarrfamilien mit jüdischen Vorfahren im >Dritten Reich<. Stuttgart 2007, S. 58.

Erbbiologiſche Beſtandaufnahme [sic] in Thüringen. Durch das thuͤringiſche Landesamt fuͤr Raſſeweſen wurde eine erbbiologiſche Beſtandsaufnahme auch in den Schulen eingeleitet. Jedes Schulkind muß ſeine Sippſchaftstafel, wenn möglich, mit Bildern, aufſtellen und einreichen.

Volk und Rasse 9/12 (1934), S. 400.

Anleitung zur Anfertigung der Sippschaftstafel.

(Nach Prof. Dr. Karl Astel.)

Rechenbach, Horst: Bauernschicksal ist Volkes Schicksal. Blutsfragen des deutschen Volkes. Berlin 1935, S. 120.

Die Ahnentafel dient in erſter Linie dem Nachweis der (ariſchen) Abſtammung eines Menſchen; für die Erfaſſung der Erbanlagen iſt ſie minder geeignet. Hierüber gibt nur die Sippschaftstafel Aufſchluß (Sippschaftstafel-Vordruck des Reichsnährſtandes).

Rechenbach, Horst: Bauernschicksal ist Volkes Schicksal. Blutsfragen des deutschen Volkes. Berlin 1935, S. 111.

[…]Obwohl das einſt ſo blühende Geſchlecht heute im Mannesſtamme in der Heimat nur noch ſehr ſchwach vertreten iſt, ſtrömt doch durch die Töchter noch viel Kemnitzerſches Blut in manchem Treuener Einwohner, der es vielleicht gar nicht weiß. Anders aber ich, der ich die Sippe Kemnitzer und deren Geſchichte zuſammen mit meinem Vetter erforſcht habe. Mir ſind alle Zweige und Linien gegenwärtig, und durch meine jahrelange Forſchungsarbeit weiß ich, ſchon wenn ich einen Sippenzugehörigen ſehe, wo ich ihn in der großen Sippſchaft unterzubringen habe.

Neues Volk 9/1 (1941), S. 23.

Angst sollen sie bekommen… Feige Sippschaft, elende! Carl Brentens Irrweg durch die zu dieser Abendstunde diesigen Gassen war mit Selbstvorwürfen und wilden Anklagen gepflastert.

Bredel, Willi: Die Väter. In: Ders., Gesammelte Werke in Einzelausgaben, Bd. 7, Berlin 1973 [1946], S. 22. [DWDS]

Doch nun ergreift der Gott des Feuilletons machtvoll das Wort. „Hinaus aus dem Garten der Kultur, hinaus! Die ganze Sippschaft [Boris] Becker! Keine Zeile mehr für euch – und keine einzige Träne! Eden müßt ihr verlassen, Leimen [Geburtsort Beckers] sei eure Wohnstatt!“

Die Zeit, 28. 1. 1994, Nr. 05. (zeit.de)

Vermutungen, irgend jemand aus der Sippschaft müsse doch „mal Ärger“ mit der Polizei gehabt haben, quittiert Herr J. mit: „Keine Ahnung, das weiß die Polizei bestimmt besser.“

Die Zeit, 22. 8. 1997, Nr. 35. [DWDS] (zeit.de)

„Text ist prima, hab nur ein paar winzige Änderungsvorschläge. Es heißt da: Nachdem der Held mit dem Geld und seiner ganzen Mischpoke nach Monaco geflohen war – statt Mischpoke sollten wir einfach ,Sippschaft’ sagen.“ - „Aber der Held des Romans ist doch ein jüdischer Gauner.“ – „Ja, eben drum. Das hat so einen verfänglichen Touch. Natürlich ist er ein Gauner. […]“

Die Zeit, 13. 2. 2003, Nr. 08. [DWDS] (zeit.de)

[…]Deutschland ist ein Paradies für Mafiosi, sagt ein ehemaliger Chefermittler. Auch Einbrecherbanden und Geldwäscher fühlen sich in der Bundesrepublik sehr wohl – sie haben wenig zu befürchten.

Mit Uhrenhändlern feilschen die Männer über verschiedene Rolex-Modelle – und auch Häuser wollen sie kaufen. Offiziell bezieht die Sippschaft, die in einem Ballungsgebiet im Westen der Republik lebt, übrigens Sozialhilfe.

Der Spiegel (online), 23. 8. 2017. (spiegel.de)