Wortgeschichte
Gesellige Zirkel nach britischem Vorbild
Neben dem Montagsklub etablieren sich weitere Gesellschaften, die zunächst wohl am ehesten der Form der Lesegesellschaft zuzuordnen sind (1769, 1792). Hierbei handelt es sich noch um eine relativ unspezifische, kulturelle Zeiterscheinung des emanzipierten Bürgertums, die auch als Kasino (vor allem im süddeutschen Raum, s. Pfeifer unter KasinoDWDS) bezeichnet werden konnte. Was man in einem dieser Klubs üblicherweise tut, lässt sich Heines Reisebildern entnehmen: Whist spielen, Tabak rauchen, politisiren
(1827). Gesellige Vereinigungen dieser Art begegnen noch bis in die Gegenwart (1843, 1900, 1956a, 1999).
Für die Mitglieder konnte ein Klub unter Umständen ein zweites Zuhause darstellen, in dem man sich nicht nur unter Seinesgleichen befand, sondern auch in der Lage war, Besuche zu empfangen, Mahlzeiten einzunehmen und gegebenenfalls zu übernachten (1795a, 1831, 1888, 1902). Damit orientierte sich der Klub als Institution für einen gewissen Zeitraum stark an den britischen Vorbildern.
Ausgehend vom institutionellen Charakter des Wortes zeigt sich eine systematische Polysemie, die diachron relevant ist. So kann Klub auch für die Gesamtheit seiner Mitglieder sowie für das Ereignis Zusammenkunft
stehen (1795b, 1811, 1848e, 1901, 1950). Die Bedeutungen lassen sich also verschiedenen abstrakten Kategorien zuordnen, womit das polyseme Muster von Klub vergleichbar ist mit der viel diskutierten Polysemie von Institutionsbezeichnungen (insbesondere Schule) und der dort systematisch anzutreffenden Bedeutungsverschiebung (vgl. Bierwisch 1983, Harm 2015, 52–54).
Ferner lässt das Nominalisierungsverbgefüge einen Klub halten den Schluss zu, dass für die Treffen der Klubgesellschaften ein festgelegtes Zeremoniell oder zumindest ein Ablauf nach wiederkehrenden Regularien zu gelten scheint (1795c, 1848f, 1895). Diese Lesart tritt nur vereinzelt auf, verweist jedoch deutlich auf eine systematisch beschreibbare Eigenbedeutung (Polenz 1987, 170) veranstalten, eine Versammlung stattfinden lassen
.
Revolutionäre Bewegung und politische Verbindungen
In Frankreich bildeten die revolutionären Gesellschaften als privilegierte Orte der politischen Kultur schon sehr früh ein weites Feld, auf dem die Sprache, die Praktiken und Repräsentationsformen der direkten Demokratie erprobt wurden. Sie institutionalisieren sich in sogenannten Klub-Parteien, die während der französischen Revolution vor allem in Paris ansässig waren. Neben den durch englische Vorbilder inspirierten Klubs, die in Deutschland bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts Nachahmung finden, werden somit nun auch die politischen Klubs der Revolutionszeit in Deutschland bekannt und nachgebildet.
Im Zuge der Beschreibung französischer Verhältnisse, bei denen zunächst vor allem die Jakobiner im Mittelpunkt des Interesses stehen (1797), erhält Klub zu der eher allgemeinen Bedeutung geschlossener Zirkel
die politische Dimension der politischen Vereinigung
, wenn nicht sogar Gesellschaft zur politischen Agitation
(1837, 1850).
Insgesamt betrachtet sind die Jahre, die zur deutschen Revolution von 1848 führten, stark gekennzeichnet durch eine Fülle von Gemeinschaftsbestrebungen (vgl. Bund, Gesellschaft, KorporationWGd, Liga, Loge, Orden ReunionWGd, Verein). Zudem setzt sich das maskuline Genus unter dem Einfluss des seinerseits aus dem Englischen entlehnten französisch club gegenüber dem Femininum durch. Von den im Französischen gebildeten Ableitungen geht Klubbist ins Deutsche über, das meist synonym zu Jakobiner verwendet wurde (1796, 1848a).
Während Verein zu Zeit der Herrschaft Napoleons und der Freiheitskriege als eher neutrale Bezeichnung eine Blüte erlebt, galten Klubs oder Verbindungen als politisch belastet (vgl. Schmalz 1955). Dennoch entstanden eine ganze Reihe kleinerer politischer Organisationen, die Bewusstsein bilden und politische Aktionen vorbereiten wollten. Im Zuge der Frankfurter Nationalversammlung organisierten sich Abgeordnete mit ähnlichen politischen Zielvorstellungen und Interessen in Clubs, die als eine Art Vorform der parlamentarischen Fraktionen gelten können (1848b, 1848c, 1848d). Diese Form des Klubs findet sich jünger noch im österreichischen Parlament als Vereinigung der Abgeordneten einer oder mehrerer wahlwerbenden Parteien (1885, 1914, 1956b).
Erneute Verbreitung durch den Sport
Bereits ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhält Klub über die Sprache des Sports erneut Eingang ins Deutsche. Den Anfang macht der Schachklub (1856b, 1856a). Um die Jahrhundertwende folgen weitere Sportarten, die sich als Klubs organisieren (1892, 1908, 1952, 2000). Im Bereich des Sports zeigt sich zudem deutlich die stärkere Assimilation in der Schreibung. Ist um die Wende zum 20. Jahrhundert noch die Schreibung mit c dominant, wird diese nur einige Jahrzehnte später weitgehend durch die Schreibung mit k abgelöst. Ausnahmen bilden Klubs für Sportarten, die fest im englischsprachigen Raum beheimatet sind, wie etwa Tennis.
Diskothek
Im ausgehenden 20. Jahrhundert kommt Lokal, Diskothek
als weitere Bedeutung des Wortes hinzu (1986, 2001). Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kürzung aus Musikklub oder auch Nachtklub. (Diese Entwicklung sowie das Verhältnis von Club und Diskothek ist Gegenstand des Themenfelds Alltagskultur.)
Literatur
Bierwisch 1983 Bierwisch, Manfred: Semantische und konzeptuelle Repräsentationen lexikalischer Einheiten. In: Rudolf Ruzicka/Wolfgang Motsch (Hrsg.): Untersuchungen zur Semantik. Berlin 1983, S. 61–99.
Harm 2015 Harm, Volker: Einführung in die Lexikologie. Darmstadt 2015.
3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)
Panwitz 2001 Panwitz, Sebastian: Die Berliner Vereine 1786–1815. In: Berliner Klassik. Eine Großstadtkultur um 1800. Berlin 2001. (berliner-klassik.de)
Pfeifer Pfeifer, Wolfgang u. a.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. (dwds.de)
Polenz 1987 von Polenz, Peter. Funktionsverben, Funktionsverbgefüge und Verwandtes. Vorschläge zur satzsemantischen Lexikographie. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 15 (1987), S. 169–189. (doi.org)
Schmalz 1955 Schmalz, Guenter G.: Zur Geschichte des Wortes „Verein“. In: Monatshefte für deutschen Unterricht. Deutsche Sprache und Literatur 47 (1955), S. 295–301.
Weitere wortgeschichtliche Literatur zu Klub, Club, Klubbist, Montagsklub.