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Lotterleben · Luderleben Lotterbube

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Die beiden Wörter Luderleben und Lotterleben werden meist umgangssprachlich und abwertend gebraucht. Nachdem Luderleben bis etwa ins 19. Jahrhundert unter anderem in studentischen Kontexten die gängige Bezeichnung für eine ausschweifende, unmoralische Lebensführung ist, wird diese zur Gegenwart hin von Lotterleben abgelöst. Beide Wörter gehen öfter eine Verbindung mit dem Verb führen ein. Als Schimpfwort bis in die Gegenwart bekannt ist daneben bereits die im Mittelhochdeutschen gebuchte Zusammensetzung Lotterbube für Nichtsnutz oder Herumtreiber.

Wortgeschichte

Derbe Schimpfwörter

Das Wort Luderleben ist seit dem 17. Jahrhundert bezeugt (1695, vgl. auch Stieler, 1174). Es handelt sich um eine Zusammensetzung mit dem Substantiv Luder (Maskulinum), welches bereits mittel- und frühneuhochdeutsch in der Bedeutung ungebundenes, ausgelassenes Leben vorkommt, die wiederum über eine Bedeutung Lockspeise auf den jägersprachlichen Ausdruck Raub, Beute zurückgeht (vgl. 1DWB unter Luder und 10Paul, 625a). Das Simplex konnte bereits im Mittelhochdeutschen den Status eines derben Schimpfwortes einnehmen (vgl. loudermhd. in Lexer 1, 1986 und Pfeifer unter LuderDWDS). Die Zusammensetzung mit Leben ist in der Hinsicht tautologisch, dass Luder im Sinne von Wohlleben durch Leben erläutert wird (1776, 1855, 1986).

Lotterleben lässt sich bis in das 19. Jahrhundert zurückführen (1856). Das Bestimmungswort Lotter ist über das Mittelhochdeutsche hinaus in der Bedeutung zerlumpter Kerl, Taugenichts zurückzuverfolgen, meist nimmt es dabei den Status eines Schimpfwortes an (s. 1DWB unter Lotter und Lexer unter Lotermhd.). Jünger ist es in dieser Bedeutung etwa bei Tieck in Gebrauch (1816). Mit Lotter wird zudem auf eine Person Bezug genommen, die in der Regel eine geminderte Rechtsstellung besitzt (vgl. DRW unter Lotter). Anders als bei der Zusammensetzung Luderleben handelt es sich bei Lotterleben um ein Determinativkompositum (1873, 1906, 1965, 2015).

Nach der Verteilung der Zusammensetzungen Lotterleben und Luderleben in gängigen Korpora zu urteilen, etwa dem Referenz- und Zeitungskorpus des DWDS (vgl. Abb. 1), ist Lotterleben in der Gegenwartssprache geläufiger und scheint Luderleben abgelöst zu haben. Letzteres ist heute weitaus seltener, aber dennoch kontinuierlich bis in die Gegenwart bezeugt (1797, 1903, 2003).

Die Abbildung zeigt ein rapides Absinken des Wortgebrauchs von Luderleben bei gleichzeitiger Zunahme von Lotterleben um die Wende zum 20. Jahrhundert.

Abb. 1: Wortverlaufskurve zu „Lotterleben“ und „Luderleben“ aus den DWDS Referenz- und Zeitungskorpora

DWDS (dwds.de) | Bildzitat (§ 51 UrhG)

Den Eintragungen in den gängigen historischen Wörterbüchern nach zu urteilen scheint weniger die Zusammensetzung mit Leben, als etwa die mit Bube (s. etwa Lexer unter Loterbuobemhd., 1DWB 12, 1211 und DWDS unter LotterbubeDWDS) relevant zu sein. Ähnlich wie bei Luderleben führt auch hier die Zusammensetzung von Bestimmungs- und Grundwort zu einer tautologischen und deshalb verstärkenden Bildung (vgl. Pfeifer unter LotterbubeDWDS). Für das Neuhochdeutsche wesentliche Bezeugungen lassen entsprechend für die Zusammensetzung Lotterbube die Lesart Nichtsnutz; auch: Herumtreiber erkennen, inbesondere in frühen Belegen begegnet sie deutlich als Schimpfwort (1640, vgl. auch A la Mode-Sprach, 671). Das Wort ist, wenn auch selten, bis in die Gegenwart bezeugt und dient in der Hauptsache der Umschreibung von Personen, die einen liederlichen Lebenswandel führen (1772, 1834, 1920, 1960, 2004).

Ein Luder- oder Lotterleben führen

Die Abbildung zeigt, dass die Wortverbindung „Luderleben führen“ gegenüber „Lotterleben führen“ ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kaum noch bezeugt ist.

Abb. 2: Wortverlaufskurve zu „Lotterleben führen“ und „Luderleben führen“ aus den DWDS Referenz- und Zeitungskorpora

DWDS (dwds.de) | Bildzitat (§ 51 UrhG)

Luder- wie Lotterleben gehen regelmäßig eine Wortverbindung mit führen ein. Insbesondere für Luderleben führen kann mit den ersten Belegen von einer Art Synonymierelation zwischen Wortverbindung und dem einfachen Verb lottern oder ludern liederlich, verwahrlost leben gesprochen werden (1892, 1928, 1979). Vor allem Luderleben ist in Verbindung mit führen in frühen Bezeugungen der Studentensprache zuzuordnen (1795, 1841). Zur Gegenwart hin scheint Luderleben erwartungsgemäß auch in der Verbindung mit führen von Lotterleben abgelöst zu werden (vgl. Abb. 2; 1882, 1911, 1997, 2012).

Literatur

A la Mode-Sprach Gladov, Friedrich: A la Mode-Sprach der Teutschen Oder Compendieuses Hand-Lexicon. Jn welchem die meisten aus fremden Sprachen entlehnte Wörter und gewöhnliche Redens-Arten, So in denen Zeitungen, Briefen und täglichen Conversationen vorkommen, Klar und deutlich erkläret werden. Nürnberg 1727. (deutschestextarchiv.de)

DRW Deutsches Rechtswörterbuch. Wörterbuch der älteren deutschen Rechtssprache. Bis Bd. 3 hrsg. von der Preußischen Akad. der Wiss., Bd. 4 hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften (Berlin, Ost), ab Bd. 5 hrsg. von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (bis Bd. 8 in Verbindung mit der Akademie der Wissenschaften der DDR). Bd. 1 ff. Weimar 1912 ff. (adw.uni-heidelberg.de)

1DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Bd. 1–16. Leipzig 1854–1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. (woerterbuchnetz.de)

DWDS DWDS. Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute. (dwds.de)

Lexer Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Zugleich als Supplement und alphabethischer Index zum Mittelhochdeutschen Wörterbuch von Benecke-Müller-Zarncke. Bd. 1–3. Leipzig 1872–1878. (woerterbuchnetz.de)

10Paul Paul, Hermann: Deutsches Wörterbuch. Bedeutungsgeschichte und Aufbau unseres Wortschatzes. 10., überarbeitete u. erweiterte Aufl. von Helmut Henne, Heidrun Kämper und Georg Objartel. Tübingen 2002.

Pfeifer Pfeifer, Wolfgang u. a.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. (dwds.de)

Stieler Stieler, Kaspar von: Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs oder Teutscher Sprachschatz/ Worinnen alle und iede teutsche Wurzeln oder Stammwörter/ so viel deren annoch bekant und ietzo im Gebrauch seyn/ nebst ihrer Ankunft/ abgeleiteten/ duppelungen/ und vornemsten Redarten/ mit guter lateinischen Tolmetschung und kunstgegründeten Anmerkungen befindlich. […] Nürnberg 1691. (mdz-nbn-resolving.de)

Belegauswahl

Welche/ wiewohl sie zwar vor diesem sehr hoch gestiegen/ vnd fast von jederman sehr lieb vnd werth geacht/ jedoch aber jetzt durch die Jämmerlichen Vers-verderber großen Schifbruch leidet/ […]vnd in die höchste verachtung zu kommen scheinet/ ja so sehr/ daß sich auch mancher/ der in dieser Kunst doch hochberühmt vnd erfahren/ schämen muß/ einen Deütschen Vers zu schreiben/ in dem der Pöbel/ ja auch offt gelehrte Leute (wo sie dißfals gelehrt zu achten) Jhm andere Lotterbuben vnd vnzeitige Wortverstimpler vorziehen […]/ derer Schutzherr vielmehr der hinckende/ lahme Vulcan/ als der Musen Vater Apollo seyn soll/ weil auch jhre Verse der Vulcanischen Natur so ähnlich seyn/ daß mann fast in die Gedancken gerathen dürfte/ als hette sie Vulcan jhnen als seinen Erben selbst hinterlaßen:

Zesen, Philipp von: Deütscher Helicon: oder Kurtze verfassung aller Arten der Deütschen jetzt üblichen Verse/ wie dieselben ohne Fehler recht zierlich zu schreiben/ Bey welchem zu besserm fortgang vnserer Poesie Ein Richtiger Anzeiger der Deütschen gleichlautenden vnd eins… In: Zesen, Philipp von: Deütscher Helicon. Bd. 1. Wittenberg, 1641 [zuerst 1640]. (deutschestextarchiv.de)

Weil ihr nichts sagt/ so will ich reden/ das saubere Luderleben/ das unmässige schlemmen/ die wiederhohlte Fressereyen/ das stäte sauffen und panquetiren hat euch diese Kranckhei tübern Hals geladen/ so müst ihr ja selbst bekennen/ daß es leichter ist/ GOtt zu dienen/ als dem Teuffel; Leichter ist der Weeg der Tugenden/ als der Weeg der Laster/ leichter ist in den Himmel zukommen/ als in die Höll:

Sancta Clara, Abraham a: Judas Der Ertz-Schelm/ Für Ehrliche Leuth/ Oder: Eigentlicher Entwurff/ vnd Lebens-Beschreibung deß Iscariotischen Bößwicht: Worinnen underschiedliche Discurs, sittliche Lehrs-Puncten/ Gedicht/ und Geschicht/ auch sehr reicher Vorrath Biblischer Concepten. Bd. 4. Salzburg 1695, S. 496. (deutschestextarchiv.de)

Wäre Graf Struensee in seinen vorigen Umständen geblieben, und einst eines natürlichen Todes gestorben, so würde er vielleicht in den Augen der nach dem äußerlichen Schein urtheilenden Welt ein großer und erleuchteter Mann für allen Zeiten geheißen haben, wenn er auch im Grunde ein Lotterbube gewesen wäre.

Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen und Königlichen Dänischen Geheimen Cabinetsministers Johann Friederich Struensee: nebst desselben eigenhändiger Nachricht von der Art, wie er zur Aenderung seiner Gesinnungen über die Religion gekommen ist. Kopenhagen 1772, S. 280. (deutschestextarchiv.de)

Ich rede ihm zu wie ein Biedermann. Was! seinen Bruder länger in dem Luderleben verwildern zu lassen, der mit Spielern und Buben im Lande herumschwadronirt, mehr Mädels betrügt, als ein anderer kennt, und öfter Händel anfängt, als ein Trunkenbold sein Wasser abschlägt!

Goethe, Johann Wolfgang von: Claudine von Villa Bella (Erste Fassung). In: Goethes Werke. Herausgegeben im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Weimar 1887–1919, Abt. I, Bd. 38, S. 117. (archive.org)

Ludern heißt locker leben und dabei seine Geschäfte vernachlässigen, sonst auch ein Luderleben führen.

Bemerkungen eines Akademikers über Halle und dessen Bewohner, in Briefen, nebst einem Anhange. Germanien 1795. S. 75.

Die Auffuͤhrung der meiſten Deſerteurs war, wie man ſie von ſolchem Geſindel nur erwarten konnte, das heißt, uͤber allen Begriff ſchlecht und infam. Das ſogenannte Luderleben ſchien ihre einzige Kunſt zu ſeyn, und ich werde weiterhin, wenn ich von den Deſertoͤren in Dijon, wo zu meiner Zeit einige Tauſend waren, zu reden komme, einige frappante Beyſpiele von dem verfluchten Betragen dieſer Schurken anbringen.

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale, von ihm selbst beschrieben. Vierten Theils erste Abtheilung, welche die Fortsetzung von dessen Begebenheiten, Erfahrungen und Bemerkungen während des Feldzugs gegen Frankreich enthält. Leipzig 1797, S. 411. (deutschestextarchiv.de)

Dietrich. koͤmmt.

Was ſtreichſt du hier herum, du traͤger Lotter?

Tieck, Ludwig: Phantasus. Eine Sammlung von Mährchen, Erzählungen, Schauspielen und Novellen. Dritter Band. Berlin 1816, S. 312. (deutschestextarchiv.de)

[…]— Wie verliebt ich in ſicheres Urtheil und haar-richtiges Betragen ſein kann, weißt du; aber nicht, wem alles —!!! — den größten Geſchäftsleuten Europa’s, hier hab’ ich’s erfahren, weil ich alle Details weiß — dies abgeht! Ein wenig Glück liebt aber Lotterbuben: und ſucht ſie ſich fleckweiſe aus, wenn es keine ganze findet: wo Einer einen faulen Fleck hat, ſteht das Glück ihm bei: und du ſiehſt’s, ich beleidige es immer: jetzt wieder.

Varnhagen, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Zweiter Theil. Hrsg. von Karl August Varnhagen von Ense. Berlin 1834, S. 135. (deutschestextarchiv.de)

Luderleben, ein, führen, soviel als Ludern.

Studentikoses Idiotikon oder Allgemeine deutsche Burschensprache. Jena 1841. S. 31. (archive.org)

Du haſt den Gaul am Schwanz aufgezäumt, ſagte ſie, daß du ihm ſein Wort zurückgibſt. Jetzt geht das alt‚ Luderleben wieder an. Und dazu den Schimpf und die Schand‘! — Sie wußte ſo gut zu lamentiren, wie er vorhin zu toben gewußt hatte.

Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Schwäbische Volksgeschichte aus dem vorigen Jahrhundert. Frankfurt (Main) 1855, S. 180. (deutschestextarchiv.de)

Als ſie vollends vernahm, zu welchem Ende hin dies geſchehen und daß ihre Hoffnung in Weiberkleidern, und dazu noch in ihren beſten, ausgezogen ſei, überfiel ſie erſt ein großer Zorn, dann aber eine noch größere Unruhe; denn nichts ſchien ihr geeigneter einen jungen Menſchen in das Lotterleben zu bringen, als wenn er in Weiberkleidern auf eine Seldwyler Hochzeit ging. Sie ließ daher ihr Abendeſſen ungenoſſen ſtehen und ging eine Stunde lang in der größten Unruhe umher, nicht wiſſend, wie ſie ihren Sohn den drohenden Gefahren entreißen ſolle.

Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Erzählungen. Braunschweig 1856, S. 142. (deutschestextarchiv.de)

[…]So im Kaufmann von Venedig, wo anfangs nur leise sich berührend, später immer mehr und mehr in einander geschlagen zwei Fäden zu Einem gemeinsamen Ziele hinlaufen, ein Rechtshandel und ein Liebesabenteuer; so in Heinrich IV., den man sehr äusserlich betrachten muss, wenn man den engen Zusammenhang und die abschliessende Vereinigung verkennen will, die zwischen den scheinbaren zwei Hälften der Handlung bestehn, der ernsthaften, deren Träger der junge Königssohn, Heinrich V., und der komischen, deren Träger Falstaff ist. Je mehr auf der komischen Seite Falstaff sich einbildet, den königlichen Jüngling in sein Lotterleben verwickelt zu haben, desto höher erhebt sich dieser darüber auf der ernsthaften, bis zuletzt die Handlung umschlägt und sich entscheidet, Heinrich in königlicher Würde dasteht, und Falstaff sich tief unter ihm in Staub und Schmutz verliert.

Wackernagel, Wilhelm: Poetik Rhetorik und Stilistik. Academische Vorlesungen von. Hrsg. von Ludwig Sieber. Halle 1873, S. 187. (deutschestextarchiv.de)

[…] und Hugo von Trimberg klagt um das Jahr 1300 in seinem Renner, "daß viele Schüler ihr Hab und Gut auf der Schule verthäten und dann als Spielleute und Gaukler ein Lotterleben führten, daß sie nur in die Schule sähen, um eine Fiedel, Harfe oder Zither daselbst zu finden, daß die Herren sich kein Gewissen daraus machten, solche junge Leute an sich zu ziehen, um mit ihnen um Wein zu würfeln und sich deutsche Sachen von ihnen vortragen zu lassen, wie denn überhaupt die lateinische Sprache in Mißachtung geraten sei und es wohl bestellt wäre, wenn die Pfaffen ebensosehr das Latein liebten, wie den Wein.

Richter, Albert: Bilder aus der deutschen Kulturgeschichte. Zweiter Teil. Leipzig, 1882, S. 111. (gei.de)

Dreißiger.

So’n paar grüne Burſchen, ganz recht, arbeitsſcheues Geſindel, faule Lümmels, die ein Luderleben führen, Tag für Tag in den Schenken rumhocken, bis der letzte Pfennig durch die Gurgel gejagt iſt. Aber nun bin ich entſchloſſen, ich werde dieſen berufsmäßigen Schandmäulern das Handwerk legen, gründlich. Es iſt im allgemeinen Jntereſſe, nicht nur im eigenen Jntereſſe.

Hauptmann, Gerhart: Die Weber (Übertragung.) Schauspiel aus den vierziger Jahren. Berlin 1892, S. 78. (deutschestextarchiv.de)

Rodrigo.

Comme vous voulez, ma chère! Wenn ich bis morgen Abend die zwanzigtauſend Francs nicht habe — Du kannſt ſie auf dem Poſtbureau an der Avenue de l’Opéra deponieren — dann erſtatte ich Anzeige bei der Polizei und Euer Luderleben hat ein Ende. — Au plaisir de vous revoir!

Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Tragödie in drei Aufzügen. Berlin 1903, S. 46. (deutschestextarchiv.de)

Sie wurde Kellnerin, erkrankte, fand in einem eleganten Öffentlichen Hause Unterkommen und wurde allgemach, in dem Maße, wie das Lotterleben sie verbrauchte, wieder – und immer weiter – in die Provinz hinausgespült.

Musil, Robert: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1983 [1906], S. 7. [DWDS]

Sie ließ sich vom Stuhle gleiten und lag vor ihm auf den Knieen.

„Nicht wahr, Herr,„ flehte sie, „Ihr weist mich nicht vom Hofe? Laßt mich wenigstens hier, bis Euer Kind wieder gesund ist. Dann will ich gern von selber gehen und mir einen Dienst suchen. Das Arbeiten hab’ ich noch nicht verlernt, ob ich schon die zwei Jahre ein arges Lotterleben geführt habe.“

Die Grenzboten 70/4 (1911), S. 487. (deutschestextarchiv.de)

Aber Herr Harden hat eine Tür aufgemacht, die verboten ist, deren Geheimnis jedem Gebildeten heilig ist, die Tür zum Ehegemach. Er hat einen Ehrenmann zum Lotterbuben stempeln wollen. Das war unverantwortlich, unsühnbar.

Friedländer, Hugo: Der Beleidigungsprozeß des Berliner Stadtkommandanten, Generalleutnant z.D. Graf Kuno von Moltke gegen den Herausgeber der »Zukunft« Maximilian Harden. In: ders., Interessante Kriminal-Prozesse, Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1920], S. 3948. [DWDS]

Der Vorsitzende hat Berthold Jacob damit zu beruhigen versucht, daß er bemerkte: »Der Herr Reichsanwalt hat nur gefragt…« Was wäre zum Beispiel, wenn ich fragte, ob die Tochter des Herrn Reichsgerichtsrat X ein Luderleben führt, ob sich der Reichsanwalt Y jeden Abend besauft?

Tucholsky, Kurt: Die großen Familien. In: Kurt Tucholsky, Werke – Briefe – Materialien, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1928], S. 5825. [DWDS]

Zum ersten Mal ist sie nicht zufrieden mit ihrer Polizei. Lassen die doch den Lotterbuben laufen, bloß weil der, so raffiniert ist der, nachweisen kann, daß er Architekturstudent ist in Hannover.

Walser, Martin: Halbzeit, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1997 [1960], S. 1. [DWDS]

Auf diese Weise gewann sie eine halbe Stunde Schlaf und er eine Menge Arbeitszeit. Fiel irgendwo eine neidische Bemerkung über das Lotterleben der Freischaffenden, so kam Robert in Fahrt: Ah, so stelle der kleine Max sich die Freiheit vor, bis in die Puppen pennen, von wegen! Er zum Beispiel stehe an jedem Werktag pünktlich um zehn vor sieben auf, eisern.

Kant, Hermann: Die Aula, Berlin: Rütten & Loening 1965, S. 6. [DWDS]

Mit erhobenen Armen dankt er seinem Vater: „Lieber Papa, ich danke dir, daß du mir die Ordnung beigebracht hast, sonst hätte ich ein Luderleben geführt.“

Die Zeit, 20. 4. 1979, Nr. 17. [DWDS] (zeit.de)

Das Verhältnis hat immense Honorarforderungen Hauptmanns und sogar die problematische Nähe Thomas Manns ausgehalten. „Kurz: einem Holländer, einem Säufer, einem Giftmischer, einem Selbstmörder, einer intellektuellen Ruine, von einem Luderleben zerstört, behaftet mit Goldsäcken und Quartanfieber, zieht Thomas Mann meine Kleider an“, beklagte sich Hauptmann in einem Briefentwurf an Fischer, als er sich im Mynheer Peeperkorn des „Zauberberg“ porträtiert fand.

Die Zeit, 29. 8. 1986, Nr. 36. [DWDS] (zeit.de)

Spuren davon sind im „Löwenkönig“ erhalten. Simba steht vor der Wahl, das Lotterleben eines Genießers (im Song „Hakuna Matata“, Suaheli für „Kein Problem“) zu führen oder sich Pflichterfüllung und Familientradition zu beugen. Er entschließt sich natürlich für letzteres.

Der Tagesspiegel, 19. 12. 1997. [DWDS]

Ich entschuldige mich sogar noch! Ich neige quasi mein Haupt vor diesem impertinenten Geschöpf, das mithilfe meines seit Monaten zuverlässig fließenden Mozzarellasalatgeldes sein nach Brühwurst riechendes Luderleben finanziert!

Die Zeit, 9. 10. 2003, Nr. 42. [DWDS] (zeit.de)

[…]Der Autor, Leiter und Moderator des Magazins Aspekte im ZDF, zählte niemals zu den geölten Korrektheitsgaranten, die Meinungsfreiheit als Freiheit von jeglicher Meinung praktizieren. Er [Wolfgang Herles; N. M.] brachte immerhin den Kanzler Kohl durch sein erstes Buch zur Wiedervereinigung, das unter dem Titel Nationalrausch erschien, so heftig gegen sich auf, dass der Gewaltige nicht umhin konnte, für die Ablösung des vaterlandslosen Lotterbuben vom Amt des Bonner Korrespondenten zu sorgen: ein Skandal, selbst für die kotaugewohnten Anstalten.

Die Zeit, 28. 10. 2004, Nr. 45. [DWDS] (zeit.de)

Doch dann eckte er mit despektierlichen Äußerungen an und floh in eine vergnügungssüchtige Stadt. Dort führte der geweihte Priester ein Lotterleben – »vergeudete Zeit«, wie er später schrieb. Kühne Thesen zum Reichtum und eine Liebschaft bezahlte er mit Verbannung für 15 Jahre.

N. N.: Lebensgeschichte. In: Zeit Magazin, 23. 8. 2012, Nr. 35. [DWDS] (zeit.de)

Es kam so weit, dass meine Mutter sagte, sie wäre froh, wenn ich endlich ausziehen würde. Sie könne mein Lotterleben nicht mehr mit ansehen. […]Irgendwann kam der Tag, an dem ich tatsächlich meine Umzugskartons in einen gemieteten Wagen packte, meine Eltern flüchtig umarmte, den Motor anwarf und meiner Heimatstadt den Rücken kehrte.

Die Zeit, 3. 4. 2015, Nr. 12. [DWDS] (zeit.de)